CentOS 8: Umstieg auf CentOS Stream bzw. auf Oracle Linux

Sowohl CentOS als auch Oracle bieten Scripts an, um eine vorhandene CentOS-8-Installation wahlweise in CentOS Stream oder in Oracle Linux umzubauen. Ich habe also eine virtuelle Maschine mit einer ca. ein Jahr alten Installation von CentOS 8 zuerst aktualisiert und dann zweimal geklont. In der Ausgangs-VM waren ein MySQL-Server installiert, EPEL aktiviert und vereinzelte EPEL-Pakete installiert. Einen Klon habe ich anschließend in CentOS Stream umgewandelt, den anderen in Oracle Linux.

Warnung: Es sollte klar sein, dass dies ein sehr simpler Test ist, nicht mehr! Ich habe kein produktives System umgestellt, sondern nur eine einfache Testumgebung.

Umstieg auf CentOS Stream

Die Umstellung auf CentOS Stream erfolgt kurz und schmerzlos. CentOS ade …

yum install centos-release-stream
yum swap centos-{linux,stream}-repos
yum distro-sync
reboot

Dabei werden die Paketquellen von CentOS auf CentOS Stream umgestellt und eine Menge Pakete ersetzt. Der Vorgang ist in einigenMinuten abgeschlossen. Ein kurzer Test zeigt:

uname -a

  Linux c8stream 4.18.0-257.el8.x86_64 #1 SMP 
  Thu Dec 3 22:16:23 UTC 2020 x86_64 x86_64 x86_64 GNU/Linux

cat /etc/os-release 

  NAME="CentOS Stream"
  VERSION="8"
  ID="centos"
  ID_LIKE="rhel fedora"
  VERSION_ID="8"
  PLATFORM_ID="platform:el8"
  PRETTY_NAME="CentOS Stream 8"
  ANSI_COLOR="0;31"
  CPE_NAME="cpe:/o:centos:centos:8"
  HOME_URL="https://centos.org/"
  BUG_REPORT_URL="https://bugzilla.redhat.com/"
  REDHAT_SUPPORT_PRODUCT="Red Hat Enterprise Linux 8"
  REDHAT_SUPPORT_PRODUCT_VERSION="CentOS Stream"

ls /etc/yum.repos.d/

  CentOS-Stream-AppStream.repo  CentOS-Stream-HighAvailability.repo  epel-modular.repo          epel.repo
  CentOS-Stream-BaseOS.repo     CentOS-Stream-Media.repo             epel-playground.repo
  CentOS-Stream-Debuginfo.repo  CentOS-Stream-PowerTools.repo        epel-testing-modular.repo
  CentOS-Stream-Extras.repo     CentOS-Stream-RealTime.repo          epel-testing.repo

Umstieg auf Oracle Linux

Ähnlich unkompliziert gelingt der Umstieg auf Oracle Linux. Auf der GitHub-Seite des Scripts ist nachzulesen, dass zumindest 5 GB Platz im Verzeichnis /var/cache erforderlich sind. Außerdem sollten vor dem Wechsel sämtliche externe Paketquellen deaktiviert werden. (Ich habe EPEL belassen, Probleme haben sich dadurch — zumindest in meinem Fall — keine ergeben.)

yum install git
git clone https://github.com/oracle/centos2ol.git
bash centos2ol/centos2ol.sh
reboot

Nach einigen Minuten ist auch in diesem Fall der Spuk vorbei. Ein kurzer Test zeigt, dass ein anderer Kernel läuft und /etc/os-release aktualisiert ist. Beachten Sie, dass Oracle nicht wie CentOS 8 / RHEL 8 auf den relativ alten Kernel 4.18 setzt, sondern den vergleichsweise modernen Kernel 5.14.

uname -a

  Linux c8oracle 5.4.17-2036.100.6.1.el8uek.x86_64 #2 SMP 
  Thu Oct 29 17:06:00 PDT 2020 x86_64 x86_64 x86_64 GNU/Linux

cat /etc/os-release

  NAME="Oracle Linux Server"
  VERSION="8.3"
  ID="ol"
  ID_LIKE="fedora"
  VARIANT="Server"
  VARIANT_ID="server"
  VERSION_ID="8.3"
  PLATFORM_ID="platform:el8"
  PRETTY_NAME="Oracle Linux Server 8.3"
  ANSI_COLOR="0;31"
  CPE_NAME="cpe:/o:oracle:linux:8:3:server"
  HOME_URL="https://linux.oracle.com/"
  BUG_REPORT_URL="https://bugzilla.oracle.com/"
  ORACLE_BUGZILLA_PRODUCT="Oracle Linux 8"
  ORACLE_BUGZILLA_PRODUCT_VERSION=8.3
  ORACLE_SUPPORT_PRODUCT="Oracle Linux"
  ORACLE_SUPPORT_PRODUCT_VERSION=8.3

ls /etc/yum.repos.d

  CentOS-Linux-AppStream.repo.disabled          CentOS-Linux-HighAvailability.repo.disabled  epel-testing-modular.repo
  CentOS-Linux-BaseOS.repo.disabled             CentOS-Linux-Media.repo.disabled             epel-testing.repo
  CentOS-Linux-ContinuousRelease.repo.disabled  CentOS-Linux-Plus.repo.disabled              epel.repo
  CentOS-Linux-Debuginfo.repo.disabled          CentOS-Linux-PowerTools.repo.disabled        oracle-linux-ol8.repo
  CentOS-Linux-Devel.repo.disabled              CentOS-Linux-Sources.repo.disabled           uek-ol8.repo
  CentOS-Linux-Extras.repo.disabled             epel-modular.repo
  CentOS-Linux-FastTrack.repo.disabled          epel-playground.repo

Vorsicht: Das Script centos2ol.sh funktioniert für CentOS 8, aber nicht für CentOS Stream 8! Ein CentOS-Installation, die Sie einmal auf CentOS Stream umgestellt haben, können Sie später nicht mehr auf Oracle Linux umstellen!

CentOS 8

Zum Vergleich die Kernel-Version und /etc/centos-release bei einer regulären CentOS-8-Installation (Stand 11.12.2020, Ablaufdatum 31.12.2021):

uname -a

  Linux centos8 4.18.0-240.1.1.el8_3.x86_64 #1 SMP 
  Thu Nov 19 17:20:08 UTC 2020 x86_64 x86_64 x86_64 GNU/Linux

cat /etc/os-release 

  NAME="CentOS Linux"
  VERSION="8"
  ID="centos"
  ID_LIKE="rhel fedora"
  VERSION_ID="8"
  PLATFORM_ID="platform:el8"
  PRETTY_NAME="CentOS Linux 8"
  ANSI_COLOR="0;31"
  CPE_NAME="cpe:/o:centos:centos:8"
  HOME_URL="https://centos.org/"
  BUG_REPORT_URL="https://bugs.centos.org/"
  CENTOS_MANTISBT_PROJECT="CentOS-8"
  CENTOS_MANTISBT_PROJECT_VERSION="8"

Erfahrungen

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich zur Stabilität der neuen Systeme momentan gar nichts sagen kann. Auf den ersten Blick funktioniert alles, alle drei Systeme (Original CentOS 8, CentOS 8 Stream und Oracle Linux) booten und tun dann, was sie sollen. Der Test beweist immerhin, dass ein Wechsel prinzipiell möglich ist. Ob er Wechsel auch bei realen Systemen, womöglich mit diversen Fremdpaketen, so mühelos ist, wird demnächst sicher im Internet nachzulesen sein.

Glücklicherweise bin ich selbst nicht in der Verlegenheit, dass ich ein »reales« CentOS-8-System umstellen muss. Der Start von CentOS 8 war — gelinde gesagt — holprig. Insofern habe ich zuerst einmal abgewartet; vor drei Monaten habe ich dann beschlossen, dass ich meinen Linux-Unterricht im kommenden Sommersemester mit Oracle Linux machen würde. Und jetzt ist CentOS ohnehin Geschichte.

Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, in den nächsten Wochen hin und wieder einen Blick auf meine Klon-Babies zu werfen und speziell auf die Update-Versorgung zu achten :-)

Erfahrungen 2: Das sudo-Update für CVE-2021-3156

Am 26.1.2021 wurde ein gravierender Fehler in sudo bekannt (Details 1, Details 2). Am 21.1.2021 9:00 habe ich nachgesehen, für welche RHEL-ähnliche Distributionen es bereits Updates gibt.

  • CentOS 8 Stream: ja
  • CentOS 8: nein jetzt auch (27.1.)
  • CentOS 7: ja
  • Oracle Linux 8: ja

Fazit

Welche Konsequenzen der CentOS-Exit längerfristig haben wird, muss sich erst weisen.

  • Ist das ehemals experimentelle CentOS Stream tatsächlich so stabil, wie es uns die Red-Hat-Leute plötzlich versprechen — quasi das bessere CentOS, von dem wir immer träumten? (Ich bin skeptisch, aber vielleicht bin ich zu pessimistisch. Aber mit einem EOL 2024 ist die Stabilität wahrscheinlich ziemlich egal.)

  • Nimmt Oracle jetzt die Chance war, sich als Retter der CentOS-Welt zu etablieren? (Ehrlicherweise muss man ja sagen, dass von den Millionen aktiven CentOS-Servern die meisten noch immer CentOS 7 verwenden. Deren Administratoren haben noch Zeit mit ihren Zukunftsplänen.)

  • Werden neue RHEL-Klone den Markt beleben?

  • Wechseln Red-Hat-Fans jetzt in Scharen zu Debian und Ubuntu? (Glaube ich persönlich nicht, aber wer weiß?)

Nur eines ist sicher: Mit Linux wird es nie langweilig …

Quellen

4 Gedanken zu „CentOS 8: Umstieg auf CentOS Stream bzw. auf Oracle Linux“

  1. Hab das Migrationsskript heute ebenfalls getestet. Mein Provider Online/Scaleway hier in Frankreich (https://www.scaleway.com/fr/dedibox/) bietet hier CentOS, Debian, Ubuntu und FreeBSD für Server an. Eine frische Installation von CentOS 7 oder CentOS 8 (hab beides getestet) läßt sich mit centos2ol.sh problemlos auf Oracle Linux migrieren.

    1. Ja, das ist ein wichtiger Aspekt dieser Migrations-Scripts. Weil ja aktuell kaum ein Hosting- oder Cloud-Provider Oracle oder CentOS Stream anbietet, kann man mit CentOS 8 starten, dann migrieren und dann weitersehen …

  2. Für meinen Linux-Unterricht an der HTL habe ich auch jahrelang Centos – in einigen Fällen auch einfach Fedora – verwendet. Ich bin dann auf Debian umgestiegen. Ein wesentlicher Punkt war, dass auf dem im Unterricht und in Projekten oft eingesetzten Raspberry Pi ebenfalls Debian läuft, sodass kein Umlernen nötig war.

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