Als ich vor 40 Jahren zu schreiben begann, war klar, was ein IT-Fachbuch liefern musste: Korrekte Information zu einem Thema, zu einer Programmiersprache, zu Linux etc. … Je mehr Information, desto besser. Ein dickes Buch war also im Regelfall wertvoller als ein dünnes.
Das IT-Buch war damals nahezu konkurrenzlos: Zu kommerziellen Software-Produkten gab es im Idealfall ein gedrucktes Handbuch (oft lieblos gestaltet und von dürftiger Qualität), dazu eventuell noch ein paar Readme-Dateien; ansonsten waren Administratorinnen und Programmierer weitgehend auf sich selbst gestellt. Mit etwas Glück veröffentlichte eine der damals noch viel zahlreicheren Zeitschriften einen Artikel mit Lösungsideen für ein spezifisches Problem. Aber ansonsten galt: Learning by doing.
Mit dem Siegeszug des Internets änderte sich der IT-Buchmarkt zum ersten Mal radikal: Der Vorteil des Buchs lag nun darin, dass die dort zusammengestellten Informationen (hoffentlich!) besser recherchiert und besser strukturiert waren als die über das Internet und in Videos verstreuten Informationsschnipsel, Tipps und Tricks. Ein gutes Buch konnte ganz einfach Zeit sparen.
Das IT-Buch stand plötzlich in Konkurrenz zur Informationsfülle des Internets. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Buch nie so aktuell sein kann wie das Internet, nie so allumfassend bei der Themenauswahl. Im Internet finden sich selbst für exotische Funktionen Anleitungen, selbst zu selten auftretenden Fehlern Tipps oder zumindest Leidensberichte anderer Personen. Es hilft ja schon zu wissen, dass ein Problem nicht nur auf dem eigenen Rechner oder Server auftritt.
Natürlich habe auch ich als Autor von der einfachen Zugänglichkeit der Informationen profitiert. Während früher Ausprobieren der einzige Weg war, um bestimmte Techniken verlässlich zu dokumentieren, konnte ich jetzt auf den Erfahrungsschatz der riesigen Internet-Community zurückgreifen. Gleichzeitig sank aber der Bedarf nach IT-Büchern — und zwar in einem dramatischen Ausmaß. Viele Verlage, für die ich im Laufe der letzten Jahrzehnte geschrieben habe, existieren heute nicht mehr.
Mit der freien Verfügbarkeit von KI-Tools wie ChatGPT stehen wir heute vor einem weiteren Umbruch: Wozu noch nach einem Buch, einem StackOverflow-Artikel oder einem Blog-Beitrag suchen, wenn KI-Werkzeuge in Sekunden den Code für scheinbar jedes Problem, eine strukturierte Anleitung für jede Aufgabe liefern?
Möglichkeiten und Grenzen von KI-Tools
Seit die erste Version von ChatGPT online war, habe ich mich intensiv mit diesem und vielen anderen KI-Tools auseinandergesetzt. Natürlich habe ich darüber auch geschrieben, sowohl in diesem Blog als auch in Buchform: In Coding mit KI fassen Bernd Öggl, Sebastian Springer und ich zusammen, wie weit KI-Tools heute beim Coding und bei Administrationsaufgaben helfen — und wo ihre Grenzen liegen. Kurz gefasst: Claude, Copilot, Ollama etc. bieten bereits heute eine großartige Unterstüzung bei vielen Aufgaben. Sie machen Coding und Administration effizienter, schneller.
Ja, die Tools machen Fehler, aber sie sind dennoch nützlich, und sie werden jedes Monat besser. Ja, es gibt Datenschutzbedenken, aber die lassen sich lösen (am einfachsten, indem Sprachmodelle lokal ausgeführt werden). Ja, KI-Tools stellen mit ihrem exorbitaten Stromverbrauch vor allem in der Trainings-Phase eine massive ökologische Belastung dar; aber ich glaube/hoffe, dass sich KI-Tools mit bessere Hard- und Software in naher Zukunft ohne ein allzugroßes schlechtes Öko-Gewissen nutzen lassen.
Es ist für mich offensichtlich, dass viele IT-Arbeiten in Zukunft ohne KI-Unterstützung undenkbar sein werden. KI-Tools können bei der Lösung vieler Probleme die Effizienz steigern. Keine Firma, kein Admin, keine Entwicklerin wird es sich auf Dauer leisten können, darauf zu verzichten.
Die Zukunft des IT-Buchs
Ist »Coding mit KI« also das letzte IT-Buch, das Sie lesen müssen/sollen? Vermutlich nicht. (Aus meiner Sicht als Autor: Hoffentlich nicht!)
Auf jeden Fall ändern KI-Tools die Erwartungshaltung an IT-Bücher. Aktuell arbeite ich an einer Neuauflage meines Swift-Buchs. Weil sich inhaltlich viel ändert und ich bei vielen Teilen sowieso quasi bei Null anfangen muss, ist es das erste Buch, das ich von Grund auf im Hinblick auf das KI-Zeitalter neu konzipiere. In der vorigen Auflage habe ich über 1300 Seiten geschrieben und versucht, Swift und die App-Programmierung so allumfassend wie möglich darzustellen.
Dieses Mal bemühe ich mich im Gegenteil, die Seitenanzahl grob auf die Hälfte zu reduzieren. Warum? Weil ich glaube, dass sich das IT-Buch der Zukunft auf die Vermittlung der Grundlagen konzentriert. Es richtet den Blick auf das Wesentliche. Es erklärt die Konzepte. Es gibt Beispiele (durchaus auch komplexe). Aber es verzichtet darauf, endlose Details aufzulisten.
Was sind Ihre Erwartungen?
Ich weiß schon, immer mehr angehende und tatsächliche IT-Profis kommen ohne Bücher aus. Eigenes Ausprobieren in Kombination mit Videos, Blog-Artikeln und KI-Hilfe reichen aus, um neue Konzepte zu erlernen oder ganz pragmatisch ein Problem zu lösen (oft ohne es wirklich zu verstehen). Bleibt nur die Frage, warum Sie überhaupt auf meiner Website gelandet sind :-)
Persönlich lese ich mich in ein neues Thema aber weiterhin gerne ein, lasse mich von einem Autor oder einer Autorin von neuen Denkweisen überzeugen (zuletzt: Prometheus: Up & Running von Julien Pivotto und Brian Brazil). Bevorzugt mache ich das weit weg vom Computer. Wenn ich später ein Detail nochmals nachsehen will, ist mir ein E-Book willkommen. Aber beim ersten Lesen bevorzuge ich den analogen Zugang, ungestört und werbefrei.
Falls also auch Sie noch gelegentlich ein Buch zur Hand nehmen, dann interessiert mich Ihrer Meinung: Was erwarten Sie heute von einem IT-Buch? Was sind Ihre Wünsche an mich als Autor? Was ist aus Ihrer Sicht ein gutes IT-Buch, was ist ein schlechtes? Ich sage es sicherheitshalber gleich: Alle Wünsche kann ich nie erfüllen … Aber ich freue mich auf jeden Fall über Ihr Feedback!
Ich würde mir mehr kurze, kostengünstige Einstiegsliteratur wünschen. Damit meine ich Bücher im Preissegment von 12 bis 15 Euro und einer Seitenzahl von 120 bis maximal 200 Seiten (je nachdem, wie viel Platz der Code einnimmt). Bücher, die didaktisch aufs Wesentliche reduziert werden und bewusst alle fortgeschrittenen Konzepte ausblenden, um einen möglichst schnellen Einstieg in die jeweilige Technologie zu ermöglichen.
Um mehr über Docker zu erfahren, habe ich mir beispielsweise Ihr Buch aus dem Rheinwerk-Verlag zugelegt. Super Teil, und wenn ich in Zukunft mal mehr mit der Technologie zu tun haben sollte, wird das ein gutes Nachschlagewerk sein. Gelesen habe ich aber nur ein Viertel davon – danach hatte ich alle Infos, die ich brauchte. Gezahlt habe ich 40 Euro.
Vielleicht sind solche Bücher für Verlage unwirtschaftlich, wenn sie dafür die komplette Publikationsmaschinerie anschmeißen müssen. Aber man könnte sie ja auch aus bestehendem Material zusammenstellen. Aus den grundlegendsten Inhalten eines 1000-seitigen Nachschlagewerks zu Rust lässt sich mit Sicherheit eine 200-seitige Einführung in die Programmiersprache schaffen.
Sehr geehrter Herr Kolfer,
vielen Dank für Ihre interessanten Beiträge. Trotz der PDF’s und E-Books, bevorzuge ich immer noch das gedruckte Buch und kaufe es mir bewußt. Am gedruckten Buch vermisse ich nur die Suchfunktion der elektronischen Bücher.
Ein Buch kann ich überall lesen, auf dem Sofa, in der Bahn, am Arbeitsplatz, der Strom geht nicht aus, angenehmer zu Halten (wenns kein Klopper ist), angemehmer für die Augen, ich benutze gern den Textmarker im Buch, das umknicken der Ohren ;)… ok, das sind alles emotionale Sachen, das meiste geht auch mit dem E-Book.
Was ich von einem IT-Buch erwarte bzw. was ein Gutes für mich ausmacht. Es sollte in meiner Muttersprache sein mit den entsprechenden Fachbegriffen dazu, die Aufteilung sollte gut überschaubar sein, wenn ich es aufschlage und nicht so wie in einem langweiligen Pysik- oder Stochastikbuch von der Uni. Die Grundlagen erklärt mit kleinen einprägsamen Beispielen dazu. Bei wichtigen Dingen, kleine Merksätze dazu, abgetrennt in einem Kästchen. Eine gut und angenehm zu lesende Schriftart. Mittlerweile schätze ich auch die unterschiedlichen Schriftarten bei IT-Büchern zu Texten, Infotexten, Konsolenausgaben etc. Mir gefallen auch die kleinern Bücher, speziell zu einem Thema ganz gut, zB. Python. Kurz, klein, kompakt mit den wesentlichen Inhalten, später auch noch als Nachschlagewerk ganz gut. Ich schreibe mir da auch Notizen rein. Fand früher auch Ihre Ubuntu E-Books sehr interessant. Nicht zu lang und zum Einrichten der 80% die man so macht ganz gut und für den Rest das Internet nutzen. War vom Preis her auch netter, da 40-50€ schon nicht ganz billig ist, aber Fachliteratur ist eben auch teuer. Finde die gebundenen Bücher auch besser, sie sind besser zu blättern und das „eingebaute“ Lesezeichen ist hilfreich.
Ein schlechtes IT-Buch wäre für mich, wenn was draußen drauf steht, nicht rüberkommt oder nur angerissen wird. Wenn die Beispiele nicht funktionieren. Wenn es nicht in mein Bücherregal paßt.