Schon vor einigen Wochen wurde Debian 8 fertig. Höchste Zeit also, einen ersten Blick darauf zu werfen. Ausprobiert habe ich Debian 8 in der 64-Bit-Variante mit Gnome als Desktop.
Versionsnummern
Die zwei wichtigsten Neuerungen in Debian 8 sind die Umstellung des Init-Systems auf Systemd sowie die stark verbesserte UEFI-Kompatibilität. Daneben wurden natürlich fast alle Software-Pakete aktualisiert. Für Debian-Verhältnisse ist Debian 8 aus überraschend aktueller Software zusammengesetzt:
Basis Desktop Programmierung Server
-------------- ------------------ -------------- --------------
Kernel 3.16 Gnome 3.14 bash 4.3 Apache 2.4
glibc 2.19 KDE 4.11/4.14 gcc 4.9 CUPS 1.7
X-Server 1.16 Firefox 31 Java 7 MySQL 5.5
GRUB 2.02 Gimp 2.8 PHP 5.6 OpenSSH 6.7
Systemd 215 LibreOffice 4.3 Python 2.7/3.4 qemu/KVM 2.1
Thunderbird 31 Postfix 2.11
Samba 4.1
Anstelle von Firefox und Thunderbird kommen die Debian-Varianten Iceweasel und Icedove zum Einsatz. Sie basieren auf der jeweils aktuellen Enterprise-Edition von Firefox/Thunderbird. Das heißt, dass das Firefox/Iceweasel-Update auf Version 38 in den nächsten Tagen folgen sollte.
Alternativ zur nicht gerade taufrischen MySQL-Version 5.5 kann auch MariaDB 10 installiert werden. Java-8-Pakete fehlen leider.
Auf lwn.net können Sie nachlesen, welche Gedanken sich die Debian-Entwickler im Hinblick auf Python 3 machen.
Systemd
Ähnlich wie bei Ubuntu 15.04 hat auch bei Debian der Umstieg auf Systemd in Wirklichkeit erst begonnen. /etc/init.d
und die anderen Init-V-Verzeichnisse sind noch voll von herkömmlichen Init-V-Scripts bzw. -Links, die Systemd dank seiner Init-V-Kompatibilität ausführt.
ls /etc/init.d | wc -l
60
ls /etc/rcS.d | wc -l (Boot-Prozess)
27
ls /etc/rc5.d | wc -l (Desktop-Betrieb, Runlevel 5)
23
Fedora und (open)SUSE sind da schon viel weiter. Dafür ist es bei Debian 8 zumindest bei Server-Installationen möglich, zum Init-V-System zurückzukehren.
Die Netzwerkkonfiguration fährt zwei- bis dreigleisig. Einerseits wird weiterhin /etc/network/interfaces
berücksichtigt. Andererseits ist das Systemd-spezifische Verzeichnis /etc/systemd/network
zur Netzwerkkonfiguration vorgesehen; standardmäßig ist es aber leer. Und je nach Desktop-System ist natürlich außerdem der NetworkManager (Version 0.9.10) im Spiel, der sich um WLAN & Co. kümmert.
Desktop-Systeme
Während der Installation von der DVD fragt Debian, welches Desktop-System Sie einsetzen möchten (wenn Sie überhaupt eines brauchen). Die Auswahl ist beachtlich:
- Gnome 3.14
- Cinnamon 2.2
- Mate 1.8
- KDE Workspaces (Plasma) 4.11 + KDE Platform/Applications 4.14 (Details)
- Xfce 4.10
- LXDE 0.99
Plattformen (Architekturen)
Debian 8 steht für die folgenden Plattformen zur Verfügung:
- i386 für Intel/AMD 32-Bit
- amd64 für Intel/AMD 64-Bit
- ARM64 (neu)
- ARMEL
- ARMHF
- MIPS
- MIPSEL
- Multi-Arch
- PowerPC
- PPC64EL (neu)
- S390X
Nicht mehr unterstützt werden die Architekturen IA64, Sparc und S390. Weitere Details zur Hardware-Unterstützung können Sie hier nachlesen:
- Unterstützte Hardware
- Ports (Achtung, die Status-Links verweisen teilweise auf alte Debian-Versionen!)
Update von Version 7 auf Version 8
Ich habe Debian 8 nur als Neuinstallation getestet — getreu meiner Devise, dass Distributions-Updates in der Regel mehr Schaden anrichten als nutzen. Wenn Sie vorhaben, Ihr Debian-7-System per Update auf Debian 8 umzustellen, sollten Sie vorher die folgenden Seiten lesen:
Links/Tests
- Release Notes
- Installationsanleitung für die Platform AMD64
- Downloads
- Test bei heise.de
- Test bei golem.de
- Test bei pro-linux.de
- Überblick über die Neuerungen auf pro-linux.de
- Überblick über die Neuerungen auf derstandard.at
- Test bei distrowatch.com
Alt, aber z.T. hilfreich:
Hallo!
Für einen Server ist es vielleicht möglich, zu init-V zurückzukehren. Soweit ich weiß haben aber alle Desktop Oberflächen harte Abhängigkeiten auf systemd. Ich habs im testing mal probiert, da hat sich gleich Gnome und KDE mit deinstalliert… Sehr unschöne Situation. Vielleicht wurde da inzwischen nachgebessert, aber so reibungslos, wie as auf der verlinkten Seite aussieht, ist es nicht.
Jruß
chris
Ich habe den Satz etwas vorsichtiger formuliert, danke!
Also, ich hab nochmal ein bißchen geforscht, und muß sagen, daß die rückwärtigen Abhängigkeiten für systemd gut versteckt sind!
$ apt-cache rdepends systemd
systemd
Reverse Depends:
tuxonice-userui:i386
sysvinit-utils:i386
systemd-shim:i386
udev:i386
systemd:i386
libsystemd-dev:i386
libsystemd-dev:i386
tuxonice-userui
sysvinit-utils
sysv-rc
systemd-ui
systemd-shim
udev
systemd-sysv
systemd-sysv
systemd-dbg
libsystemd-dev
libsystemd-dev
libpam-systemd
python-jarabe-0.104
solaar
sogo
postgresql-common
pcscd
molly-guard
|mate-power-manager
lxsession
live-config-systemd
lighttpd
libvirt-daemon-system
|libguestfs0
knot
init-system-helpers
gummiboot
Da lese ich konkret nur LXDE und MATE heraus!
Auf meinem unstable system, mit KDE und openbox erzeugt der folgende Befehl dieses hier:
$ sudo apt-get remove systemd
Paketlisten werden gelesen... Fertig
Abhängigkeitsbaum wird aufgebaut.
Statusinformationen werden eingelesen.... Fertig
Die folgenden Pakete wurden automatisch installiert und werden nicht mehr benötigt:
crda dns-root-data dnsmasq-base easy-rsa iputils-arping iw kde-baseapps kwrite libappindicator1 libdbusmenu-glib4 libdbusmenu-gtk4
libindicator7 libndp0 libnetfilter-conntrack3 libnm-glib-vpn1 libnm-glib4 libnm-util2 libnm0 liboath0 libopenconnect3 libpkcs11-helper1
libstoken1 libteamdctl0 libtomcrypt0 libtommath0 mobile-broadband-provider-info network-manager-openvpn network-manager-pptp
network-manager-vpnc opensc opensc-pkcs11 openvpn plasma-widget-folderview pptp-linux python-gpgme vpnc vpnc-scripts wireless-regdb
Verwenden Sie »apt-get autoremove«, um sie zu entfernen.
Die folgenden zusätzlichen Pakete werden installiert:
sysvinit-core
Die folgenden Pakete werden ENTFERNT:
colord gvfs gvfs-daemons hplip k3b k3b-i18n kde-plasma-desktop kde-plasma-netbook libpam-systemd nautilus-dropbox network-manager
packagekit packagekit-tools plasma-nm plasma-widget-networkmanagement policykit-1 polkit-kde-1 printer-driver-postscript-hp systemd
systemd-sysv udisks2
Die folgenden NEUEN Pakete werden installiert:
sysvinit-core
0 aktualisiert, 1 neu installiert, 21 zu entfernen und 3 nicht aktualisiert.
Es müssen 132 kB an Archiven heruntergeladen werden.
Nach dieser Operation werden 56,6 MB Plattenplatz freigegeben.
Möchten Sie fortfahren? [J/n]
Was man im Netz noch so lesen kann, ist: das Gnome3/Cinnamon auch hart von systemd abhängt. Openbox scheint außen vor zu sein. Wahrscheinlich ist die Zielgruppe zu klein :P Gibts Erfahrungen zu XCFE?
…nur mal so am Rande… wäre vllt noch einen gesonderten Blog-Beitrag wert… (wenn man bedenkt, was systemd für einen Krieg ausgelöst hat…)
Jruß
chris
Ich habe jq persönlich überhaupt kein Problem mit Systemd. Ich bin im Gegenteil froh, dass der Wahnsinn von 3 verschiedenen Init-Systemen unter Linux langsam ein Ende findet.
Naja, da fehlts mir an Hintergrundwissen, um mich da zu einem Urteil hinreißen zu lassen. Allerdings war für mich eins der schlagenden Argumente für Open Source Software und Gnu/Linux; die Vielfalt und die daraus resultierenden Auswahlmöglichkeiten.
Es hat Debian offenbar nicht gut getan, den Benutzern systemd aufzuzwingen (Devuan). Allerdings scheint es auch an anderen Stellen zu haken. Daß KDE und Gnome von systemd abhängen, liegt ja nun nicht unbedingt an Debian…
In jedem Falle, vielen Dank für diesen (und auch alle anderen) Artikel und alles Gute!
Jruß
chris
Scheinbar gibt es zu Debian 8 noch keine Backports der aktuellen Versionen von Icewease/Firefox und Icedove/Thunderbird. Firefox scheint den „downgrade“ halbwegs zu überstehen, aber Thunderbird kann nach ersten kurzen Versuchen) scheinbar nicht mit der „alten“ Installation umgehen.
Hallo,
wie kann man unter Debian 8 den automatischen Start des Display Managers verhindern?
insserv -r lightdm wie unter Debian 7 für Xfce funktioniert leider nicht mehr.
MfG Hagen.
systemctl set-default multi-user.target
Und um den Display Manager wieder zu aktivieren:
systemctl set-default graphical.target
Beides wirkt ab dem nächsten Reboot. Um den Display Manager sofort zu deaktivieren bzw. wieder zu aktivieren: systemctl isolate xxx.target statt systemctl set-default xxx.target