Fedora 25

Seit 2013 sprechen die Fedora- und Ubuntu-Entwickler davon, das X Window System durch einen neuen Anzeige-Server zu ersetzen. Fedora favorisiert das distributionsübergreifende Wayland-Projekt, Ubuntu dagegen die Eigenentwicklung Mir.

Es hat zwar länger gedauert als erwartet, aber Fedora hat das Rennen auf jeden Fall gewonnen: Fedora 25 verwendet standardmäßig Wayland, sofern die Grafiktreiber mitspielen, andernfalls automatisch das immer noch vorhandene X Window System. Die meisten Anwender werden den Umstieg freilich gar nichts bemerken, weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Die Vorteile des Abschieds vom X Window System sind eher technischer Natur und werden wohl erst in ein paar Jahren deutlich spürbar sein, wenn auch der Desktop und seine Anwendungsprogramme für Wayland optimiert sind.

Fedora 25 mit Gnome-Desktop
Fedora 25 mit Gnome-Desktop

Download und Installation

Überraschend mühsam gestaltet sich die Suche nach dem ISO-Image auf https://getfedora.org/de/: Statt der ISO-Datei wird einem der Download des Fedora Image Writers förmlich aufgedrängt. Dieses Programm, das für Windows, macOS und Linux (RPM-Paket) zur Verfügung steht, kümmert sich selbst um den Download und überträgt das Image dann gleich auf einen USB-Stick. Das ist bequem und funktionierte bei meinem Test unter macOS ausgezeichnet. Gerade für Einsteiger, die mit dd viel Schaden anrichten können, ist das natürlich eine willkommene Erleichterung. Glücklicherweise können ISO-Dateien weiterhin auch separat hier heruntergeladen werden, z.B. zur Installation von Fedora in einer virtuellen Maschine.

Der »Fedora Media Writer« lädt das Installations-Image herunter und überträgt es auf einen USB-Stick.
Der »Fedora Media Writer« lädt das Installations-Image herunter und überträgt es auf einen USB-Stick.

Hardcore-Fedora-Fans brauchen aber keine Angst zu haben: Auch wenn das Erstellen des USB-Bootmediums nun einfacher als bisher gelingt, werden Einsteiger spätestens bei den irrwitzig unübersichtlichen Partitionierungs-Dialogen des Fedora-Installationsprogramms abgeschüttelt. Fedora-Freaks dürfen weiter unter sich bleiben ;-)

Versionsnummern

Basis            Desktop            Programmierung    Server
--------------   -----------------  ---------------   --------------
Kernel     4.8   Gnome        3.22  bash        4.3   Apache     2.4
glibc     2.24   Firefox        49  gcc         6.2   CUPS       2.2
GRUB      2.02   Gimp          2.8  Java          8   MariaDB   10.1
Systemd    231   LibreOffice   5.2  PHP           7   OpenSSH    7.3
Wayland   1.12   Thunderbird    45  Python  2.7/3.5   qemu/KVM   2.7
X-Server  1.19                                        Postfix    3.1
                                                      Samba      4.5

Wayland …

Als erste große Linux-Distribution verwendet Fedora 25 standardmäßig Wayland als Display Server.

Beim Login können Sie zwischen Gnome unter Wayland (standardmäßig) oder Gnome unter Xorg wählen.
Beim Login können Sie zwischen Gnome unter Wayland (standardmäßig) oder Gnome unter Xorg wählen.

Rein optisch sowie bei der Bedienung ist normalerweise kein Unterschied zwischen Wayland und Xorg festzustellen. Um herauszufinden, ob Wayland tatsächlich aktiv ist, werfen Sie einen Blick in die Prozessliste. gdm-wayland-session und Xwayland sollten zweimal auftauchen, einmal für den Display Manager (»Login-Box«) und einmal für den aktiven Desktop. Gegenprobe: Xorg darf nicht laufen. (Die folgenden Ausgaben sind gekürzt.)

ps ax | grep -i wayland

  /usr/libexec/gdm-wayland-session gnome-session --autostart ...
  /usr/bin/Xwayland :1024 -rootless -noreset -listen 4 -listen 5 ...
  /usr/libexec/gdm-wayland-session gnome-session
  /usr/bin/Xwayland :0 -rootless -noreset -listen 4 -listen 5 ...
  grep --color=auto -i wayland

ps ax | grep Xorg

   grep --color=auto Xorg

Offensichtliche Einschränkungen, die sich durch die Verwendung von Wayland ergeben, betreffen ssh -X, Desktop-Freigaben (Fernwartung) und VNC: Wayland kann momentan nicht über das Netzwerk auf ein anderes Display geleitet werden. Auch bei der Unterstützung von Hybrid-Grafiksystemen hapert es.

Bei meinen Tests auf einem Desktop-PC mit einer etwas älteren Grafikkarte mit AMD-GPU funktionierte Wayland vollkommen problemlos:

lspci | grep -i vga

  02:00.0 VGA compatible controller: Advanced Micro Devices, 
  Inc. [AMD/ATI] Cape Verde PRO [Radeon HD 7750/8740 / R7 250E]

Unter Virtual Box funktioniert Fedora ebenso problemlos. Ohne Rückfragen oder Fehlermeldungen kommt Xorg zum Einsatz.

… aber kein HiDPI

So faszinierend der Wayland-Umstieg aus technischer Sicht sein mag, so sehr wartet eine andere Baustelle auf Erledigung: Fedora lässt sich nach wie vor nur sehr eingeschränkt auf hochauflösenden Bildschirmen nutzen (also auf 4k/HiDPI/Retina-Monitoren).

An sich hat Fedora damit nicht viel zu tun — das Problem liegt in Wirklichkeit bei Gnome. Aber Fakt ist nun mal, dass Fedora als Default-Desktop Gnome vorsieht. In den Gnome-Systemeinstellungen fehlen HiDPI/Retina-Einstellungen gänzlich. Unbegreiflich! Vor ein paar Jahren waren hochauflösende Monitore noch exotisch, aber mittlerweile sind sie weit verbreitet, auch bei Notebooks.

Nach der Installation der Gnome Tweak Tool können zwar die Fenster- und Schriftskalierung eingestellt werden, aber wie ich es schon vor über einem Jahr hier im Blog beschrieben habe, funktioniert das eher schlecht als recht. Das erklärt natürlich den Verzicht auf entsprechende Regler in den Systemeinstellungen. Letztlich habe ich die Auflösung auf ein Viertel reduziert und haben den Rest des Tests mit 1920×1080 Pixel gearbeitet, obwohl der Monitor die vierfache Auflösung unterstützt. Absurd, aber es ist der schnellste Weg, um vernünftig arbeiten zu können.

Sonstiges

  • Fedora bietet zum ersten Mal MP3-Playback-Unterstützung out of the box. Die MP3-Decoding-Patente sind im Auslaufen begriffen, offensichtlich besteht kein nennenswertes Risiko von Rechtsstreitigkeiten mehr.

  • Flatpaks werden jetzt auch vom Gnome-Programm Software unterstützt. Details dazu können Sie im Gnome-Blog nachlesen. (Die offiziellen Fedora-Paketquellen enthalten aber weiterhin ausschließlich RPM-Pakete, keine Flatpaks.)

  • Hybrid-Grafiksysteme werden besser unterstützt als bisher, allerdings nur durch Xorg, nicht durch Wayland.

Quellen und Links

3 Gedanken zu „Fedora 25“

  1. HiDPI geht unter xorg mit Gnome schon länger problemlos. Es gibt keine Einstellungen extra dafür, lediglich die Auflösung muss gewählt werden. Das Problem ist indirekt Gnome, glaub ich, sondern eher gtk oder Mutter.
    Vermutlich geht HiDPI mit Wayland auch. Sicher das das Kabel passt? Mit DVI klappte 4k bei mir nicht. Ich hatte aber mehr Probleme unter Wayland mit meinem multi-head Aufbau. Ist auch etwas exotisch: full-hd via VGA und 4k via DisplayPort an ner Docking station für nen x230. Distro ist Arch Linux.

    Tl;dr: xorg keine Probleme, HiDPI configs nicht nötig

    1. Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt. Harwdware-seitig ist alles bestens, ich bekomme mein 4k-Bild, aber dann ist eben alles winzig. Jetzt würde ich gern den Bildschirminhalt skalieren, am liebsten um den Faktor 1,5 oder 1,66, aber zur Not auch um den Faktor 2. Dann hätte ich den gleichen Bildschirminhalt wie bei 1920×1080, aber immerhin alles viel schärfer. Und da hapert es an allen Ecken und Enden, egal, ob ich es mit der Fenster- oder Schriftskalierung (oder beidem) versuche. Und ohne Tweak-Tools geht sowieso nichts, also von einer »offiziellen« Unterstützung durch Gnome ist offensichtlich nach wie vor keine Rede.

      Soweit ich das getestet habe, spielt es für die HiDPI-Einstellungen überhaupt keine Rolle, ob ich mit Wayland oder Xorg arbeite.

      1. Achso, verstanden. Dann weichen meine Erfahrungen von den Deinen ab: mit xorg funktioniert HiDPI problemlos, komplett ohne dem tweak-tool. Arch Linux bemüht sich ein möglichst Vanilla Gnome auszuliefern. Vielleicht stimmt eine gsettings Einstellung nicht?

Kommentare sind geschlossen.