Ubuntu MATE war schon in der Vergangenheit die interessanteste Alternative zu Raspbian, vor allem für alle jene Raspberry-Pi-Fans, die ihren Minicomputer auch als Desktop-Rechner verwenden möchten. Die Benutzeroberfläche von MATE ist entschieden eleganter als jene von Raspbian. Auch die Standard-Software-Ausstattung mit Firefox, Thunderbird und LibreOffice ist mehr für den Desktop-Einsatz optimiert.
Seit gestern steht das Image von Ubuntu MATE 16.04 für den Raspberry Pi zum Download zur Verfügung — Zeit also, um einen kurzen Blick auf diese spezielle Ubuntu-Variante zu werfen.
Beachten Sie, dass Ubuntu MATE nur auf dem Raspberry Pi 2 und 3 läuft, nicht aber auf den 1er-Modellen sowie auf dem Raspberry Pi Zero!
Image-Größe
Die Image-Datei der finalen Version von Ubuntu MATE 16.04 ist unglücklich gewählt: Sie beträgt ca. 8 GByte, ist aber gerade um ein paar MByte größer als viele handelsüblichen 8-GByte-Karten. Daher brauchen Sie eine 16-GByte-SD-Karte, um das Image vollständig übertragen zu können. Möglicherweise wird die Image-Datei beim nächsten Update nochmals ein wenig verkleinert — dann sollte auch eine 8-GByte-Karte für erste Tests ausreichen.
Welcome-Programm
Neu im Vergleich zu Ubuntu MATE 15.10 ist in der aktuellen Version vor allem das Welcome-Programm, das beim ersten Login automatisch gestartet wird. Das Programm kann auch mit System / Willkommen gestartet werden. Es soll über Ubuntu MATE informieren und bei den ersten Schritten in Ubuntu MATE helfen.
Begeistert hat mich das Konzept nicht: Das Programm ist unübersichtlich zu bedienen, manche Dialoge sind zudem für die Raspberry-Pi-Variante irrelevant (NVIDIA-Treiberinstallation etc.).
Dennoch gibt es einen Aspekt, der das Welcome-Programm auch für Raspberry-Pi-Anwender interessant macht: Sie können damit das Dateisystem an die Größe der SD-Karte anpassen. Anfänglich verwendet Ubuntu MATE nur die ersten 8 GByte der SD-Karte — egal, wie groß die Karte tatsächlich ist. Das liegt daran, dass die Partitionsgröße auf der Image-Datei festgelegt ist.
Um die gesamte SD-Karte nutzen zu können, müssen Sie die Root-Partition und das dort enthaltene Dateisystem vergrößern. Dazu klicken Sie im Startdialog des Welcome-Programms klicken Sie auf den Button Raspberry Pi Information und im nächsten Dialog auf Größe jetzt ändern. Danach müssen Sie Ubuntu MATE neu starten.
raspi-config und rc-gui
Das von Raspbian vertraute Konfigurationsprogramm raspi-config
sowie dessen grafische Variante rc-gui
kann mit apt
installiert werden. raspi-config
kann für manche Konfigurationsarbeiten tatsächlich verwendet werden. Einige Funktionen dieses Programms sind aber Raspbian-spezifisch implementiert und werden daher unter Ubuntu MATE nicht funktionieren.
rc_gui
führt beim Start einen entsprechenden Test durch und stellt fest, dass MATE nicht der Raspbian-Standardkonfiguration entspricht (kein Benutzer pi
, kein lightdm-Display-Manager). Das Programm kann deswegen unter MATE nicht benutzt werden.
GPIO-Zugriff
Sowohl das Kommando gpio
als auch Python-Scripts, die das RPi.GPIO-Modul verwenden, können GPIOs nun ohne root-Rechte (ohne sudo
) steuern.
Versionsnummern
Die folgenden Tabelle fasst zusammen, welche Software-Versionen unter Ubuntu 16.04 MATE anfänglich zum Einsatz kommen. Die Firefox- und Thunderbird-Pakete werden während der Lebensdauer von Ubuntu 16.04 regelmäßig aktualisiert.
Basis Desktop Programmierung Server
-------------- ------------------ -------------- --------------
Kernel 4.4 Firefox 45 bash 4.3 Apache 2.4
glibc 2.23 Gimp 2.8 gcc 5.3 CUPS 2.1
X-Server 1.18 LibreOffice 5.1 Java 7/8 MySQL 5.7
Systemd 229 MATE 1.12 PHP 7 OpenSSH 7.2
Thunderbird 38 Python 3.5 Postfix 3.1
Samba 4.3
Fazit
Zu den größten Ärgernissen in Ubuntu MATE zählt ein uraltes Gnome-2-Problem: Die Maus muss pixelgenau auf den Fensterrand positioniert werden um die Größe eines Fensters zu ändern. Ansonsten funktioniert Ubuntu MATE wunderbar, sowohl im Vergleich zu Raspbian als auch im Vergleich zum richtigen Ubuntu.
Allerdings fühlt sich MATE deutlich schleppender an als Raspbian — auch auf dem relativ rechenstarken Raspberry Pi 3. Die größte Bremse ist offenbar nicht die CPU, sondern die SD-Karte: Die unter MATE laufenden Programme sind durchwegs größer als die von Raspbian, entsprechend länger dauert der Bootprozess bzw. der erste Start eines Programms.
Bastler und Maker werden sicherlich weiterhin Raspbian den Vorzug geben. Für Desktop-Anwender ist MATE aber eine interessante Alternative. Spannend ist MATE auch für alle, die den Raspberry Pi zum Webserver machen wollen: Mit PHP 7 und MySQL 5.7 bietet MATE hier wesentlich aktuellere Versionen an als Raspbian.
Danke für diese Vorstellung.
„Die Image-Datei der finalen Version von Ubuntu MATE 16.04 ist unglücklich gewählt: Sie beträgt ca. 8 GByte, ist aber gerade um ein paar MByte größer als viele handelsüblichen 8-GByte-Karten“
vielleicht war das Absicht weil die 8GB-Karte ja dann voll ist und man nichts mehr drauf installieren kann…?
nein, es sind gut 3 GByte frei
läuft Owncloud 9 auch schon auf Ubuntu 16.04 Mate auf Raspberry Pi 2?
Ich hab gesehen es ist in dem ebook Ubuntu 16.04 beschrieben, aber ich vermute es ist für den PC.
Danke.
Owncloud oder Nextcloud kann selbstverständlich in der der gerade aktuellen Version installiert werden. Siehe:
https://owncloud.org/install/
https://nextcloud.com/install/
/var auf eine USB-Platte auszulagern wirkt bei einem Raspi geradezu Wunder und erhöht zu dem die Lebensdauer der SD-Card ganz erheblich… in var finden die fast alle Schreibvorgänge statt – und gerade die bremsen mit einer SD-Card ganz heftig. Gerade bei LAMPP Anwendungen wie owncloud oder tt rss ist der Effekt frapierend, da auch die mysql-Daten in var liegen
Alternativ und noch besser natürlich das gesamte OS auf einer USB-HD zu haben … ist aber aufwendiger zu konfigurieren – eine SD-Card wird trotzdem benötigt. Bisher kann der Raspi nicht direkt von USB booten
Danke für den Hinweis.
Der Pi3 kann anscheinend doch direkt von einem USB-Medium booten, siehe hier (gestern veröffentlicht, noch beta):
https://www.raspberrypi.org/blog/pi-3-booting-part-i-usb-mass-storage-boot/
Ich habe vor, das in den nächsten Tagen zu testen und auf pi-buch.info einen Blog-Beitrag zu verfassen.
Die Schreibprozesse auf die SD-Karte sind es, die das System ins stocken bringen. Ich vermute das irgendwo in dem Schreibprozess ein „sync“ stattfindet. Und dann kommt es zu „Mikrorucklern“.
Samsung hat um dem zu begegnen den ROW-IO-Scheduler geschrieben. ROW steht für „Read Over Write“, also Lesen vor Schreiben bevorzugen.
Der ist allerdings für Android und eine bestimmte Kernel version geschrieben worden. Er müsste daher angepasst werden. Ich hab mich mal daran versucht, hatte aber so meine Probleme aus den Fehlermeldungen schlau zu werden bzw. zu beheben.