Die neuste Ubuntu-Version 13.10 ist der letzte Zwischenschritt hin zur nächsten LTS-Version. Die Installation lohnt sich nur, wenn Sie bereit, bereits in einem halben Jahr die nächste Neuinstallation durchzuführen.
Soviel gleich vorweg: Dramatische Neuerungen im Vergleich zu Ubuntu 13.04 gibt es keine. Auf den ersten Blick sticht das neue Hintergrundbild ins Auge — und noch mehr Werbung im Startmenü. Deren Beseitigung ist sicherlich die erste Aktion, die Sie nach der Installation erledigen sollten: Dazu starten Sie das Modul Sicherheit der Systemeinstellungen, wechseln in das Dialogblatt Suche und stellen Auch Online-Suchergebnisse verarbeiten auf Aus.
Vorsicht, Update
Im Internet gibt es diverse Berichte, dass Updates von Ubuntu 13.04 auf 13.10 Probleme verursachen können, z.B. auf pro-linux.de. Die Probleme betreffen zwar nur Installationen, bei denen zusätzliche Paketquellen aktiviert wurden — dennoch bleibe ich bei meiner Empfehlung: Vermeiden Sie nach Möglichkeit Distributions-Updates, führen Sie stattdessen eine Neuinstallation durch.
Mir, XMir
Viel Aufregung hat Canonicals Entscheidung verursacht, das Grafiksystem von xorg auf Mir umzustellen (heise.de). Eigentlich hätte der Umstieg bereits mit Ubuntu 13.10 vollzogen werden sollen, daraus wurde aber nichts. Mir erwies sich noch als zu instabil, insbesondere auch im Betrieb mit mehreren Monitoren. Außerdem ist Mir noch inkompatibel zu den proprietären Treibern von AMD und NVIDIA. Wann sich das ändert, ist noch nicht abzusehen.
Damit steht der Wechsel des Grafiksystems nun für 14.04 LTS an — ob das gut gehen kann? In jedem Fall wird der Wechsel von xorg auf Mir vorerst keinerlei Vorteile mit sich bringen. Damit alle bisherigen Grafikprogramme weiter funktionieren, kümmert sich XMir um die Kompatibilität zu herkömmlichen X-Programmen. Erst mit Ubuntu 14.10 sollen dann Unity sowie weitere Standardkomponenten von Ubuntu schrittweise auf Mir migriert werden und das neue Grafiksystem dann native nutzen. Erst dann wird sich der eventuelle Nutzen von Mir zeigen.
Wenn Sie möchten, können Sie Mir/XMir unter Ubuntu 13.10 ganz einfach ausprobieren (siehe auch jonobacon.org). Dazu installieren Sie einfach die Pakete mir-demos und unity-system-compositor. Nach einem Neustart bemerken Sie (im Idealfall) — gar nichts! Um sich zu überzeugen, dass Mir wirklich aktiv ist, führen Sie ps ax | grep compositor aus: Das Ergebnis muss den Prozess unity-system-compositor liefern. Beachten Sie, dass Mir momentan nur in Kombination mit den Open-Source-Treibern intel, radeon und noveau läuft, nicht mit proprietären Grafiktreibern! Bei meinen Tests auf einem System mit Intel-Grafik hat alles funktioniert, aber, wie gesagt: es gibt keinen Vorteil und insofern auch wenig Motivation, das auszuprobieren.
Versionen
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Software-Versionen unter Ubuntu 13.10 zusammen. Nicht aktuell ist leider Gnome. Auch bei Samba und MySQL werden sich manche Anwender aktuellere Versionen bzw. MariaDB als MySQL-Alternative wünschen.
Basis Desktop Server
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Kernel 3.11 Gnome 3.8 Apache 2.4
gcc 4.8 KDE 4.11 CUPS 1.7
glibc 2.17 Firefox 24 MySQL 5.5
X-Server 1.14 Gimp 2.8 openSSH 6.2
GRUB 2.0 LibreOffice 4.1 PHP 5.5
Upstart 1.10 Thunderbird 24 Samba 3.6
Erfolge im Desktop- und Server-Einsatz …
Ubuntu war in den vergangenen Jahren ungemein erfolgreich, sowohl auf dem Desktop als auch im Server-Einsatz:
- Desktop: Außerhalb der Linux-Community werden Ubuntu und Linux immer mehr als synonym betrachtet. Soweit überhaupt PCs/Notebooks mit vorinstalliertem Linux angeboten werden, bezieht sich das Angebot fast immer auf Ubuntu.
- Server: w3techs.com hat gerade festgestellt, dass Ubuntu CentOS im Webserver-Einsatz überholt hat und Debian dicht auf den Fersen ist.
… und Risken für die Zukunft
Dennoch ist Ubuntu gerade jetzt verletzlich wie selten zuvor: es gibt unzählige Konflikte mit der Open-Souce-Community aufgrund der vielen Sonderwege (Upstart, Unity, Mir); die in das Startmenü integrierte Werbung verärgert Anwender, löst Datenschutzbedenken aus und bescherte Ubuntu die wenig schmeichelhafte Nominierung zum österr. Big-Brother-Award; und die Erfolgsaussichten für Ubuntu Touch, Ubuntu TV etc. sind mehr als zweifelhaft.
Eigentlich wäre das die Chance für andere Distributionen, aus dem Schatten zu treten.
Wo bleibt die Ubuntu-Alternative für den Desktop?
Persönlich bin ich bei meinen privaten Desktop-Installationen im Sommer auf Fedora umgestiegen. Ein aktueller Gnome-Desktop mit ein paar Extensions ist mir mittlerweile sympatischer als Ubuntu’s Unity. Aber Fedora kann ich keinem Computer-Einsteiger / Windows-Umsteiger empfehlen: Die Installation ist zu kompliziert, der Update-Zeitraum viel zu kurz.
Mangels Alternativen werde ich nächsten Frühjahr meinen Linux-willigen Bekannten wohl wieder Ubuntu 14.04 empfehlen. Was müsste eine andere/neue Distribution denn bieten, um Ubuntu Paroli zu bieten?
- eine solide Paketverwaltung mit dauerhaft gut erreichbaren Paketquellen
- Long Time Support, zumindest für eine Version alle zwei Jahre
- einfache Installation und Bedienung
- eine solide Software-Grundausstattung ohne überflüssigen Schnickschnack
- guten Hardware-Support
- nicht zu weit weg vom Linux-Mainstream
- kostenlos
Mögliche Kandidaten wären:
- openSUSE: kein Long Time Support
- Mint: viele Sonderwege (Cinnamon)
- CentOS 6: einfach zu alt
- CentOS 7: könnte spannend werden
Ideen und Kommentare sind wie immer willkommen :-)