Der Raspberry Pi 3

Innerhalb von vier Jahren hat die Raspberry Pi Foundation nicht nur 8 Millionen Minicomputer verkauft, sondern auch eine ganze Reihe von Modellen präsentiert. Mit dem »Raspberry Pi 3 — Modell B« ist seit einigen Tagen der jüngste Spross der Raspberry-Pi-Familie verfügbar.

Rein äußerlich ist der Raspberry Pi 3 (Modell B) kaum von seinem Vorgängermodell zu unterscheiden.
Rein äußerlich ist der Raspberry Pi 3 (Modell B) kaum von seinem Vorgängermodell zu unterscheiden.

Die Modelle der Raspberry-Pi-Familie
Die Modelle der Raspberry-Pi-Familie

Eckdaten

  • 64-Bit-CPU BCM 2837 mit 1,2 GHz, ca. 50 bis 60% schneller als die CPU des Raspberry Pi 2
  • integriertes WLAN-Modul
  • integriertes Bluetooth-Modul
  • höherer Strombedarf (es wird ein 12 W-Netzteil empfohlen)

Unverändert:

  • Preis
  • 1 GByte RAM
  • Video-Core (aber etwas höhere Taktfrequenz)
  • 40 GPIOs (gleiches Layout)
  • HDMI-, Audio-, Ethernet- und USB-Anschlüsse
  • CSI/DSI-Anschlüsse für Kamera + Display

Geschwindigkeit und Overclocking

Die Geschwindigkeit des Pi 3 ist wirklich spürbar gestiegen. Ob die von der Raspberry Pi Foundation versprochenen 50 bis 60% Verbesserung im Vergleich zum Raspberry Pi 2 erreichbar sind, hängt aber vom jeweiligen Programm ab.

Wie beim Raspberry Pi Zero ist kein Overclocking vorgesehen. raspi-config sowie dessen grafische Variante lassen keine Veränderung der Taktfrequenz zu. Im Internet gibt es aber natürlich schon erste Berichte, dass ein Overclocking mit etwas Handarbeit dennoch gelingen kann:

http://www.jackenhack.com/raspberry-pi-3-overclocking

Empfehlenswert ist ein Overclocking aber definitiv nur, wenn Sie Ihren Raspberry Pi mit einem Kühlkörper ausstatten! Schon ohne Overclocking kann die CPU-Temperatur auf 80°C ansteigen.

Standardmäßig läuft der Pi 3 mit den folgenden Frequenzen:

               Pi 3, Modell B             Pi 2, Modell B
-------------------------------------------------------------
CPU-Takt:      600 MHz bis 1,2 GHz        600 MHz bis 900 MHz
RAM-Takt:      450 MHz                    450 MHz
Video Core IV: 400 MHz                    250 MHz
3D Core:       300 MHz                    250 MHz

So können Sie die Werte selbst ermitteln:

cat /sys/devices/system/cpu/cpu0/cpufreq/scaling_cur_freq 
  600000
cat /sys/devices/system/cpu/cpu0/cpufreq/scaling_max_freq 
  1200000
vcgencmd get_config sdram_freq    # RAM
  sdram_freq=450
vcgencmd get_config core_freq     # Video Core
  core_freq=400
vcgencmd get_config gpu_freq      # 3D-Core
  gpu_freq=300

Stromverbrauch und Stromversorgung

Bei meinen Messungen mit einem einfachen USB-Meßgerät benötigte der Pi 3 im Leerlauf inklusive der Versorgung von Tastatur und Maus weniger als 2,5 W (4,97 V * 0,45 A). Das ist nicht mehr als beim Pi 2. Unter Last steigt die Leistungsaufnahme der CPU allerdings deutlich stärker als beim Pi 2. Bei meinen Messungen während eines sysbench-Durchlaufs verbrauchte der Pi 3 rund 5 W (4,97 V * 0,97 A).

sudo apt-get install sysbench
sysbench --test=cpu --cpu-max-prime=20000 --num-threads=4 run
  Test execution summary:
    total time:                          126.0253s
    total number of events:              10000
    total time taken by event execution: 504.0186
    per-request statistics:
         min:                                 47.69ms
         avg:                                 50.40ms
         max:                                 88.14ms
         approx.  95 percentile:              51.75ms
  Threads fairness:
    events (avg/stddev):           2500.0000/5.20
    execution time (avg/stddev):   126.0046/0.01

Die CPU-Temperatur stieg dabei auf 80°C (ohne Gehäuse, ohne Kühlkörper, Umgebungstemperatur 22°C). Alle CPU-Cores liefen während des über mehrere Minuten ausgeführten Tests mit 1,2 GHz.

cat /sys/class/thermal/thermal_zone0/temp 
  80972
cat /sys/devices/system/cpu/cpu?/cpufreq/scaling_cur_freq
  1200000
  1200000
  1200000
  1200000

Ich habe meine Tests mit demselben 5W-Netzteil (also 1A) durchgeführt, das in der Vergangenheit schon alle früheren Raspberry Pis mit Strom versorgt hat. Leistungsreserven für weitere USB-Geräte bietet dieses aber keine mehr.

Tipp: Wenn Sie derartige Tests durchführen, sollten Sie auf die rote Leuchtdiode des Pi 3 achten. Wenn diese gelegentlich blinkt, ist das ein Hinweis darauf, dass die Stromversorgung nicht ausreichend ist. Bei den Tests von golem.de hat sich gezeigt, dass auch ein schlechtes oder zu langes USB-Kabel zwischen Netzteil und Pi die Ursache für eine unzureichende Stromversorgung ist.

Die Empfehlung der Raspberry Pi Foundation, zur Stromversorgung ein 2,5-A-Netzteil zu verwenden, erscheint in jedem Fall übertrieben. Sie resultiert wohl eher daher, dass viele Billignetzteile nicht halten, was ihre Spezifikation verspricht — und dass daher ein leistungsstärkeres Netzteil weniger Probleme verspricht.

Wenn Sie über Ihren Raspberry Pi auch diverse USB-Geräte (z.B. Festplatten) mit Strom versorgen wollen, brauchen Sie definitiv ein stärkeres Netzteil. Diesbezüglich gibt es beim Pi 3 übrigens eine kleine Änderung im Vergleich zum Pi1/B+ bzw. Pi2/B: Der Parameter usb_max_current in config.txt wurde eliminiert. Der Pi 3 stellt USB-Geräten nun standardmäßig bis zu 1200 mA zur Verfügung. Beim Pi1/B+ bzw. Pi2/B war der Strom auf 600 mA beschränkt, außer config.txt enthielt usb_max_current=1. Auch diese Änderung mag ein Grund für die Empfehlung eines 2,5-A-Netzteils sein.

On-board-Leuchtdioden

Der Ort der auf dem Pi 3 integrierten Leuchtdioden hat sich geändert. Sie befinden sich nun direkt bei der Micro-USB-Buchse zur Stromversorgung.

Beachten Sie, dass beim Pi 3 nur mehr die grüne Leuchtdiode durch eigenen Code gesteuert werden kann (mehr Details hier):

sudo echo none > /sys/class/leds/led0/trigger
sudo echo 0 > /sys/class/leds/led0/brightness  # grüne LED aus
sudo echo 1 > /sys/class/leds/led0/brightness  # grüne LED ein

Wozu 64 Bit?

Das System-on-a-Chip BCM 2837 enthält eine 64-Bit-CPU mit ARMv8-Technologie. Das erscheint aus zweierlei Gründen sinnlos:

  • Zum einen beträgt der Arbeitsspeicher nur 1 GByte — und die lassen sich mit einem 32-Bit-Adressbus leicht adressieren. Mehr Speicher scheitert laut der Raspberry Pi Foundation an des Grafik-Core, und vor einem Wechsel des Grafik-Core schreckt man wegen Treiberproblemen zurück. (Anscheinend gibt es keinen geeigneten Core mit Open-Source-Treibern.)

  • Und zum anderen wird Raspbian nach wie vor in einem Image angeboten, das zu allen Raspberry Pis der Vergangenheit kompatibel ist. Anders formuliert: Raspbian ist für die ARMv6-Architektur kompiliert und nutzt keine Erweiterungen von ARMv7 oder ARMv8. Mag sein, dass sich das in Zukunft ändert. (OpenELEC gibt es dagegen in zwei Versionen, eine für ARMv6 und eine für ARMv7/ARMv8.)

Der Umstieg auf ARMv8 bringt aber dennoch Vorteile: Auch wenn die CPU momentan nur wie eine 32-Bit-CPU genutzt wird, so ist die CPU bei gleicher Taktfrequenz schneller als ARMv7. Manche CPU-Kommandos können also in weniger Taktzyklen als bisher erledigt werden. (Die Taktfrequenz der Pi 3 ist ja nur um 33% höher als die des Pi 2. Die restlichen Geschwindigkeitsverbesserungen gehen auf das Konto der ARMv8-Architektur.)

Persönliche Einschätzung

Die Raspberry Pi Foundation ist ihrer Zielsetzung treu geblieben: Der Pi 3 ist in fantastischer Rechner für Bastel- und Steuerungsaufgaben sowie für den Unterrichtseinsatz. Bei gleichbleibendem Preis bietet der Pi 3 eine deutlich höhere Geschwindigkeit sowie WLAN und Bluetooth als Draufgabe — und bleibt doch vollständig kompatibel. Was will man also mehr?

Enttäuscht werden möglicherweise all jene sein, die den Pi für andere Aufgaben einsetzen:

  • Der Pi als Desktop-Rechner: Die Rechenleistung ist mittlerweile für viele Aufgaben ausreichend. Haupthindernis ist die immer noch vergleichsweise lahme Grafik, der mit einem GByte arg limitierte Arbeitsspeicher und die fehlende Möglichkeit, eine externe Festplatte oder SSD in einer vernünftigen Geschwindigkeit anzusprechen.

  • Der Pi als Mediencenter: Hier hat sich der Raspberry Pi ja schon bisher bewährt. Aber wer auf besseres Audio, 4k-Grafik, H.265-Hardware-Unterstützung etc. gehofft hat, wird enttäuscht sein.

  • Der Pi als NAS/Server: Auch hier gibt es wenig Verbesserungen. Die Rechenleistung ist OK, aber es hapert an der I/O-Anbindung: Weiterhin kein GBit-Netzwerk, weiterhin kein SATA oder USB3. Immerhin ist der neue WLAN-Adapter vom einen USB-Bus getrennt, der weiterhin die Ethernet-Buchse und die vier USB-Anschlüsse versorgt. Erfreulicherweise ist der interne WLAN-Adapter Host-Adapter-fähig. Schade nur, dass es für den WLAN-Adapter keinen Anschluss für eine externe Antenne gibt.

Ich habe die Vermutung, dass wir irgendwann einen Pi der neuen Generation erhalten werden, der manche der obigen Wünsche erfüllt. Aber dann werden vermutlich viele bedauern, dass der Pi der Zukunft spürbar mehr kostet, inkompatibel zu seinen Vorgänger-Modellen ist und mehr Strom braucht. Und insofern bin ich mit dem aktuellen Pi 3 absolut glücklich.

Zitat Eben Upton (Quelle): „We’re kind of at the end of that particular roadmap. I would expect a longer pause, a couple of years at least, before any kind of major bump to the platform,“ he said.

Quellen

Ein Gedanke zu „Der Raspberry Pi 3“

  1. Zum Thema „Der Pi als NAS/Server“: Da finde ich den Banana Pi interessant. Der hat z.B. Gigabit-LAN und immerhin SATA „2.0“. (Vgl. http://www.lemaker.org/product-bananapi-specification.html.) Folgerichtig werden auch Gehäuse mit einem Schacht für 2,5-Zoll-Laufwerke angeboten

    Haben Sie sich schon mit den Produkten von LeMaker beschäftigt? Ich fände Beiträge von Ihnen dazu sehr spannend!

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